Wir haben das Glück, dass es noch Zeitzeugen aus den Anfängen der Mopszucht in Deutschland gibt. Noch größeres Glück, dass wir Text- und Bildmaterial erhalten haben. An dieser Stelle ein herzlicher Dank an die Damen Thiersch von Keiser.
“Denn wenn wir wissen wollen, wohin wir gehen, sollten wir wissen woher wir kommen”
Frau Inge von Keiser gehörte zu den wichtigsten und einflussreichsten Züchterpersönichkeiten unserer Rasse nach dem Krieg. Unter dem Namen “ vom Sanddorn” fielen in 30 Jahren 74 Würfe mit mehr als 300 Mopswelpen. In den Nachkriegsjahren arbeitete Frau von Keiser als Zoologin in Wilhelmshaven im Max-Planck-Institut, in der Abteilung für Verhaltensphysiologie unter der Leitung des Nobelpreisträgers Konrad Lorenz. Ihre Möpse mitsamt der Welpen nahm sie täglich mit zur Arbeit, auch später noch, als das Institut ins oberbayerische Seewiesen umsiedelte. Frau von Keiser wird als resolut-freundlich beschrieben, die ihre Möpse immer sehr hundegerecht hielt und die Meinung vertrat, es sei Unsinn Möpse so zu züchten, dass sie nicht mehr laufen oder schnaufen können. Ihre Möpse liefen gerne auch mal bei fünfstündigen Wanderungen mit.
Ihre Zucht begann sie mit deutschen Möpsen, die im Verhältnis zum heutigen Typ leichter und in der Fellfarbe eher grau waren. Atschi und Murkel, ihr erstes Zuchtpaar, waren typische Vertreter dieses Schlages. Die Geschichte des ersten Zuchtpaares erzählt uns die Tochter der “Keiserin” Ulla Thiersch von Keiser.
Atschi war der erste Mops der Keiserin.
Sie bekam ihn 1948 von Usch von Saint Paul. Atschi war der Mops ihres Bruders, der unverletzt aus Krieg und Gefangenschaft aus Russland nach Hause gekommen war, schließlich aber an Tetanus erkrankte und starb.
Meine erste Erinnerung an Atschi war, dass meine Mutter, die Keiserin, nach einem Spaziergang – wie mir schien stundenlang – an einer Wegkreuzung im Wald hoch über Heidelberg auf einem Baumstamm sitzend wartete, dass Atschi doch bitte heil von einem Jagdausflug zurückkommen möge, den er laut bellend unternommen hatte. Er kam schließlich genau dahin zurück – wie sie es vorausgesagt hatte.
Atschi war für mich der beste Spielgefährte, er trat als imaginärer Zirkus- Artist auf, war Rettungs- und Schlittenhund und, inzwischen in Wilhelmshaven, begleitete er mich auf meinem Floß in die „weite Welt über alle Weltmeere“.
Etwa 1950 kam Murkel zu ihr.
Murkel hatte einem Offizier gehört, der sie im Feld überall mit hin mitgenommen hatte. Die erste Zeit mit ihr war schwierig, weil sie ihren Menschen überall suchte. Wenn Arbeiter annähernd aussahen wie Soldaten, lief sie zu ihnen und stieg mit in ihr Auto. Sie wanderte oft weit, in der Hoffnung ihn zu finden. Die Keiserin musste sie immer wieder irgendwo in Wilhelmshaven abholen. Einmal hatten Leute sie gefangen und behalten wollen, aber nach drei Tagen war sie wieder frei.
Viele Versuche, sie am Wandern zu hindern scheiterten, auch sie mit einem Koppelchen an Atschi zu binden war sinnlos, sie nahm ihn einfach auf ihre Wanderungen mit. Angebunden hat die Keiserin sie nicht, sie verstand und achtete Murkel. Irgendwann gab Murkel die Suche auf. Sie entschied sich dafür, bei Keiserin und Atschi zu bleiben.
Murkel und Atschi begründeten die Zucht der Sanddorn Möpse.
Wenn ich diese Möpse betrachte, ist da auch immer wieder der Ärger über die Behauptung, dass der Phänotyp der früheren Möpse sich durch Einkreuzung fremder Rassen herausgebildet hätte. Wir kannten sie nur so, bis 1956 ein Amerikaner einzog „Melcroft March Mombo“.
Mombo beeinflusste die Sandorn Möpse maßgeblich im Typ, kompakter und mit einem für die damaligen Verhältnisse, mächtigen Kopf. Doch haben wir ihn als sehr agil und fit in Erinnerung. Die große Liebe zu den Möpsen blieb der Keiserin bis zum Schluss, wobei sie in den letzten Jahren der Zucht immer öfter bedauerte, dass es kaum noch gute und gesunde Möpse für die Zucht gab.
Offener Brief von Ulla und Petra Thiersch von Keiser
Nach dem Tod unserer beiden Möpschen Jasper und Linus, die innerhalb von 5 Tagen im Mai dieses Jahres ( 2022 ) verstarben, fielen wir in ein dunkles Trauerloch - sie fehlen immer noch, es tut weh und manchmal noch mehr. Was es auch irgendwie noch schwerer machte, war die Überzeugung, dass ein Mops als zukünftige Option auf keinen Fall mehr in Frage käme - das Wissen um die Konsequenzen und Resultate jahrelanger brachycephaler Übertreibungen und die eigenen quälenden und traurigen Erfahrungen von Atemnot und Erstickungsanfällen, von Wirbelsäulenveränderungen mit massiven Schmerzattacken und von Lähmungserscheinungen mündeten in die ebenso schwere und traurige Entscheidung gegen den Mops.
Dass beide Mopsmänner, die beiden waren nur 4 Monate auseinander, uns 12 Jahre begleitet haben, ist ganz wesentlich dem Wissen und Können von Prof. Öchtering zu verdanken, der beide etwa 2-jährig operiert und ihnen damit eine Lebensqualität verschafft hat, mit der sie sich auf lange Spaziergänge in unseren Wäldern freuten und begeistert Agility für die „Kleinen“ mitmachen konnten.
Nur - dass sie das alles konnten und eine wirklich vertretbare Lebensqualität hatten, gründet allein in der operativen Intervention, die bei einem der beiden, Linus, einen ungeheuer ausgedehnten Eingriff erforderte.
Beide Möpse stammten aus renommierten Zuchten, ihre Zuchtziele schienen auch eine Art Garant für gesunde, vitale Möpschen. Um so deprimierender und hoffnungsloser auch, als das eben keine fragwürdigen, Mopswelpen produzierende Züchter waren und so ziemlich bestätigte, was die „Keiserin“ vor etwa 50 Jahren schon bewogen hat, die Zucht aufzugeben, mit dem Zitat „ es gibt keine gesunden Möpse mehr“.
Eine hitzige Diskussion vor 10 Jahren mit Mopszüchtern und Mopsbesitzern über das Thema Qualzucht, in der wir in einem längeren, eindringlichen und natürlich auch emotionalen Beitrag versuchten, ein Aufrütteln zu bewirken, endete uneinsichtig und unversöhnlich. Ein Appell, aufmerksam und wach zu bleiben. Nicht wegzuschauen. Ein allgemeiner Appell an all jene, die irgendwie involviert sind, Züchter und Richter. An jeden, der einen Mops besitzt oder irgendeinen anderen Hund einer brachycephalen Rasse. Der Mut, das verhasste Wort auszusprechen, der oft bitteren Realität ins Auge zu sehen im Versuch, gemeinsam einen Weg der Veränderung zu suchen. Leider wurden wir ausgegrenzt und weiterhin die „Vogel-Strauss-Politik“ betrieben.
Ein Lichtblick…
Das Projekt 2.0, auf das wir stießen, weil man natürlich schaut, was in der Mopswelt aktuell so passiert, hat uns einen ungeahnten positiven Zukunftsentwurf gegeben, in dem ein Mopswelpe doch wieder den sehnsuchtsvollen unbesetzten Platz finden könnte.
Ulla und Petra Thiersch von Keiser
Wir, der Club für den Mops, bedanken uns bei den Damen Thiersch von Keiser und Susi Becker, die diesen Beitrag zusammengestellt haben. Die Fotos sind Eigentum der Damen Thiersch von Keiser und unterliegen dem Urheberrecht.